Neue Übersetzungen internationaler Dramatik – Tschechien, Israel, Vereinigtes Königreich

Samstag, 27.5.2023, English Theatre Berlin

Triage, Regie: Ilan Ronen, Premiere am 14.01.2023 im Beit Lessin Theater, Tel Aviv.
Von links: Efrat Baumwald, Yona Elian, Kobi Farag. Foto: Maya Arad Yasur.

15:00 Uhr
Tschechien: Aus dem System gefallen – Menschen in der Schattenwirtschaft

Tomáš Ráliš: Sorex
Aus dem Tschechischen von Maira Neubert (Mentorat: Barbora Schnelle und Henning Bochert)

Mit anschließender Podiumsdiskussion mit dem Autor und der Übersetzerin
Dramaturgie, Moderation und Dolmetschen: Barbora Schnelle

Das Stück ist ein poetischer Einblick in das prekäre Leben von Menschen, die in der sogenannten Schattenwirtschaft an der tschechisch-deutschen Grenze arbeiten. Parallel zu den menschlichen Schicksalen tauchen wir in die Welt von Spitzmäusen (lat. „sorex“) ein, deren einzige Beschäftigung die Nahrungsbeschaffung ist. Aus dem Leben der grob umrissenen Figuren erfahren wir nur Bruchstücke. Ihre Sehnsüchte und Träume sind an mediale Bilder gekoppelt, die nichts mit ihrer Realität zu tun haben – diese besteht aus dem täglichen Warten auf den Bus, der sie zur Arbeit über die Grenze nach Deutschland fährt, und aus harter körperlicher Arbeit. Obwohl selbst Fremde, reproduzieren sie fremdenfeindliche Bilder und bedienen sich rassistischer Klischees.

Eintritt ist frei, aber um Anmeldung wird gebeten.


17:00 Uhr
Israel: Am Rande der Menschlichkeit – Drama in Katastrophenzeiten

Maya Arad Yasur: Triage
Aus dem Hebräischen von Matthias Naumann

Mit anschließender Podiumsdiskussion mit der Autorin und dem Übersetzer, auf Englisch.

Dramaturgie: Matthias Naumann

Im Mittelpunkt des Stücks stehen drei Ärzt:innen, die sich mit Fragen der Triage in einer Katastrophensituation konfrontiert sehen. Seit Wochen wird die Region von schweren Bränden heimgesucht, die medizinische Versorgung ist an ihre Grenzen gekommen, und auch in diesem Krankenhaus, dem sich die Brände nähern, stehen nicht mehr genügend Beatmungsgeräte zur Verfügung. Angesichts der drohenden Notlage müssen die Ärzt:innen Wege finden, schnelle Entscheidungen zu treffen und handlungsfähig zu bleiben. Geschickt und komplex erzählt Maya Arad Yasur von ethisch-moralischen Dilemmata, von Altersdiskriminierung und Klassismus, Geschlechterfragen, persönlichen Beziehungen und der schwerwiegenden Verantwortung bei der Entscheidung darüber, welches Leben erhaltenswert ist.

Eintritt ist frei, aber um Anmeldung wird gebeten.


20:00 Uhr
Vereinigtes Königreich: Drama und Klima

Dawn King: Das Tribunal
Aus dem Englischen von Henning Bochert

Mit anschließender Podiumsdiskussion mit der Autorin und dem Übersetzer, auf Englisch.

Dramaturgie: Henning Bochert

Mit Das Tribunal hat die Londoner Autorin Dawn King ein radikales Stück geschrieben, dass uns drastisch vor Augen führt, was mit unseren Gesellschaften und unserer Welt geschehen kann, wenn keine der Klimaziele erreicht werden. Die Handlung spielt ungefähr Mitte des 21. Jahrhunderts. Zwölf Jugendliche und Kinder sind Juroren in Massenprozessen, bei denen Klimasünder:innen ihrer Elterngeneration für ihre Verbrechen am Planeten zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Nebenbei wird uns das zu erwartende Bild einer autoritären Gesellschaft vorgestellt, in der für Einzelne nicht mehr viel Freiheit besteht.

Die zweite deutschsprachige Inszenierung des Stücks feiert am Tag zuvor, am 26.05., am Theater Bielefeld Premiere.

Eintritt ist frei, aber um Anmeldung wird gebeten.


Regie der szenischen Lesung am Samstag, 27.05.2023: Eberhard Köhler

Es spielen: Naomi Abukha, Hannah Ley, Noureddine Friedrich Chamari und Felix Römer

Jede Veranstaltung dauert ca. 90 Minuten. Zwischen den einzelnen Lesungen gibt es Pausen.
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Tomáš Ráliš studiert Regie an der Prager Theaterakademie und schreibt Theaterstücke, Hörstücke, Prosa oder Drehbücher für experimentelle Filme. 2020 gewann er mit seinem ersten Stück Sicherheitsgurte (orig. Bezpečnostní pásy) einen von der Václav Havel Library Foundation, New York, organisierten Theaterwettbewerb. Für sein Stück Sorex erhielt er 2020 den Ewald-Schorm-Preis für junge Dramatiker, den gleichen Preis erhielt er ein Jahr später für sein Stück 20/21. Beide Stücke entstanden für die Theaterwerkstatt des A Studio Rubín. 20/21 wurde vom A Studio Rubín in der zwanzigsten Folge des Podcasts Fade in Rubín in der Saison 2020/2021 unter der Regie von Jan Frič als Radiosketch uraufgeführt. 

Foto: Hana Šimková
Foto: privat

Maira Neubert ist Slawistik-Studentin an der Humboldt-Universität zu Berlin und angehende Übersetzerin aus dem Tschechischen. Sorex ist ihre erste Übersetzung, die öffentlich präsentiert wird. Außerhalb der Universität arbeitet sie journalistisch für den Fernsehkanal Deutsche Welle und das Campusradio CouchFM. 


Maya Arad Yasur ist Theaterautorin und Dramaturgin. Ihre Stücke wurden weltweit in über zwölf Sprachen produziert und veröffentlicht. 2007–2013 lebte Arad Yasur in Amsterdam, wo sie als Produktionsdramaturgin arbeitete und sich auf die Entwicklung von Theaterprozessen im Bereich des Dokumentartheaters spezialisierte. Heute lebt und schreibt sie in Tel Aviv. Sie erhielt den Stückemarkt-Preis des Berliner Theatertreffens für ihr Stück Amsterdam, den Preis des Internationalen Theaterinstituts für ihr Stück Suspended und den Habima Award für ihr Stück Gott wartet an der Haltestelle. Die deutsche Übersetzung von Amsterdam (übersetzt von Matthias Naumann) wurde 2019 von Eurodram ausgezeichnet.

Foto: Adi Segal
Foto: privat

Matthias Naumann ist Autor, Übersetzer und Verleger. Seit 2011 leitet er den Neofelis Verlag, Berlin, in dem die Reihe Drama Panorama – Neue internationale Theatertexte erscheint. Seine Theaterstücke wurden zu den Autorentheatertagen und zum Heidelberger Stückemarkt eingeladen, seit 2014 arbeitet er vor allem im Rahmen des Theaterkollaborativs Futur II Konjunktiv. Zudem übersetzt er Theatertexte aus dem Hebräischen.


Dawn King ist eine preisgekrönte Autorin und Dramaturgin für Theater, Film, Fernsehen, Radio und andere Formate. Sie unterrichtet Szenisches Schreiben für Erwachsene und Jugendliche am City Lit, National Theatre, der Central School of Speech and Drama. Ihr Stück Das Tribunal (orig. The Trials) hatte 2022 nach der Uraufführung am Düsseldorfer Schauspielhaus eine ausverkaufte englischsprachige Premiere im Donmar Warehouse und war in der finalen Auswahl für den Susan Smith Blackburn Prize 2021. Ihre radikale Neuinterpretation von Der Kirschgarten für die Regisseurin Katie Mitchell feierte im November 2022 am Deutschen Schauspielhaus Hamburg Premiere. Mit Foxfinder gewann sie den Royal National Theatre Foundation Playwright Award 2013, den Papatango New Writing Competition 2011 und den Most Promising Playwright, Off West End Preis 2012. 

Foto: privat

Foto: Graham Hains

Henning Bochert ist Autor sowie Fach- und Literaturübersetzer. 1994 erhielt er sein Schauspieldiplom an der UdK, danach Engagements u. a. in Berlin, Frankfurt am Main, Zürich. Er gründete einer Übersetzungsagentur und liefert seit 1996 Übersetzungen u. a. im Bereich Film und dramatischer Literatur. Einige Jahre an der Westküste der USA brachten Erfahrungen als Synchronübersetzer und –regisseur im Spielfilmbereich. Er ist Autor von Prosa, Lyrik und Bühnentexten. Seit 2022 unterrichtet er Theaterübersetzen an der Heinrich-Heine-Universität, an der Ruhr-Universität Bochum und der Humboldt-Universität zu Berlin. Mit Barbora Schnelle leitet er das Festival Ein Stück: Tschechien. Er ist Vorstandsmitglied des Vereins Drama Panorama e. V. und des Künstlernetzwerkes raum4-netzwerk für künstlerische alltagbewältigung e. V. www.henningbochert.de


Künstlerische Projektleitung: Anna Galt, Charlotte Bomy und Barbora Schnelle
Produktionsleitung: Tine Elbel
Presse: Augustin PR

Mit diesem dreitägigen Lesungsfestival setzt Drama Panorama: Forum für Übersetzung und Theater e. V. die Veranstaltungsreihen PANORAMA #1 und PANORAMA #2: ÜBERTHEATERÜBERSETZEN, die in den Jahren 2021 und 2022, gefördert vom Deutschen Übersetzerfonds, erfolgreich stattgefunden haben, weiter fort.

Gefördert vom Deutschen Übersetzerfonds im Rahmen des Programms NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die Übersetzung des tschechischen Stücks „Sorex“ von Tomáš Ráliš wurde von der Akademie der musischen Künste in Prag gefördert. 

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